Niemand schaut zur Tür herein

Der Kontakt fehlt. Der Weg zu ihm ist einfach zu weit. Stefan Hülsmeier, Sozialarbeiter an der Josef-Annegarn-Schule, macht sich Sorgen um die Schüler, die aufgrund des Lockdowns nun schon seit Wochen zu Hause sind. Er hofft, dass die Schüler möglichst bald – zumindest in kleinen Gruppen – wieder beschult werden können.

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Stefan Hülsmeier, Schulsozialarbeiter an der Josef-Annegarn-Schule in Ostbevern. Foto: Daniela Allendorf

„Ich habe die Schule quasi noch nie im regulären Betrieb erlebt“, sagt Stefan Hülsmeier, Schulsozialarbeiter an der Josef-Annegarn-Schule. Seit dem 1. Mai vergangenen Jahres hat er die Stelle als Elternzeitvertretung für Daria Zickermann inne. Damit startet der Lienener zum Ende des ersten Lockdowns, übernahm zunächst die Notbetreuung. Als dann das „rollierende System“ eingeführt wurde, bei dem nicht alle Klassen gleichzeitig beschult wurden, nutzte er die kleinen Gruppe, um in den Klassen zu hospitieren. „Ich musste die Schüler ja erstmal kennenlernen und sie mich“, sagt er. Das sei aufgrund der wenigen Schüler gut möglich gewesen. Schon damals habe es von den Schülern und auch von den Lehrern immer wieder die Rückmeldung gegeben, dass das System mit den halbierten Klassen gut ankomme. „Die Schüler kamen in den kleinen Klassen einfach besser zurecht“, so seine Erfahrung.

In der Schule ist der Weg einfach kürzer

Und auch der Weg zu ihm sei einfach kürzer. „Die Schüler laufen an meinem Büro vorbei, klopfen kurz und stecken den Kopf durch die Tür“, so Hülsmeier. Für ein kurzes Gespräch sei immer Zeit. Doch das war mit dem Lockdown im Dezember schlagartig wieder vorbei. Jetzt – die meisten Schüler lernen im Homeoffice und lediglich drei Schüler der fünften und sechsten Klassen nutzen die Notbetreuung in der Schule – ist der Weg zum Schulsozialarbeiter einfach zu lang. „Die Schüler trauen sich nicht“, empfindet der Schulsozialarbeiter die Situation als Belastung. So wie viele andere auch. Die Dunkelziffer der Schüler mit Problemen zu Hause ist hoch, ist Hülsmeier überzeugt. Nichtsdestotrotz möchte er für die Schüler da sein und deshalb hat er extra einen Link auf der Homepage der Schule eingestellt. Die Rückmeldungen – überschaubar. „Wenn die Schüler in der Schule sind, ist die Hemmschwelle einfach viel niedriger“, sagt Stefan Hülsmeier. Auch über den Austausch mit den Lehrern falle vieles auf, um das er sich dann kümmern könne.

Klar stehe er auch jetzt im Austausch – vor allem mit einigen Eltern, aber auch mit ein paar Schülern. Die ganz klare Rückmeldung: „Die Schüler wünschen sich wieder den Wechselunterricht. Die wollen in die Schule.“ In den kleinen Gruppen würden sie sich einfach besser betreut fühlen. Neben der sozialen Komponente sieht Stefan Hülsmeier einen weiteren Vorteil an diesem System: „In den kleinen Gruppen kommt es weniger zu Konflikten bei den Schülern untereinander“, sagt er. Denn gerade in diesem Bereich könnten sich in Zukunft Probleme entwickeln. Gerade zurückhaltenden Kindern könnte es nach so langer Zeit des Alleinseins schwer fallen, sich in Gruppen zu integrieren. Was wiederum das Konfliktpotenzial in die Höhe treibe. Mitunter könne auch das Lösen von Konflikten in der Gruppe zum Problem werden. „Das sind im normalen Alltag banale Dinge, die quasi nebenbei geklärt werden können, die sich dann zum Problem auswachsen.“ Da bliebe es abzuwarten, wie die Schüler mit Konflikten umgehen würden. Deswegen wünscht Stefan Hülsmeier sich für den Wiederbeginn des Unterrichts erneut eine Phase des Wechselunterrichts, um so die Problematik auffangen zu können.

Was passiert mit den Abschlussklassen

Ein wenig Kopfzerbrechen bereitet dem Schulsozialarbeiter auch die Situation der Abschlussklassen. „Ich hoffe, dass die Schüler ihren weiteren Berufsweg wie geplant beschreiten können“, sagt Hülsmeier. „Viele werden sicher schon ihren Ausbildungsvertrag unterschrieben haben“, ist er überzeugt. Grundsätzlich eine gute Sache. Aber: „Wie geht es mit den Betrieben weiter“, fragt sich nicht nur der Schulsozialarbeiter. Und die Schüler: „Die stehen mit diesen Sorgen und Nöten wie es für sie weitergeht zurzeit alleine da“, sagt er und erinnert noch einmal daran, dass er auch in der aktuellen Situation als Ansprechpartner zur Verfügung steht.

 

Quelle: WN ( von Daniela Allendorf; Freitag, 29.01.2021, 06:06 Uhr aktualisiert: 29.01.2021, 06:10 Uhr